Mit dem Namen von Prinzessin Estelle war nach ihrer Geburt nicht jeder einverstanden. Doch Kronprinzessin Victoria und Prinz Daniel wählten den Vornamen mit Bedacht, um eine ganz besondere Frau zu ehren.
Kronprinzessin Victoria freut sich über ihr erstes Kind
Sie war ein absolutes Wunschkind. Als Kronprinzessin Victoria und Prinz Daniel am 23. Februar 2012 zum ersten Mal Eltern wurden, war ganz Schweden aus dem Häuschen. Wild wurde spekuliert, wie die kleine Prinzessin denn heißen würde. Während einer Kabinettssitzung offenbarte König Carl Gustaf schließlich, wie die Namen und Titel seiner Enkeltochter lauten sollten: Prinzessin Estelle Silvia Ewa Mary von Schweden, Herzogin von Östergötland.
Doch nicht jeder war mit der Namenswahl einverstanden. „Total unerwartet und unpassend“, urteilte Königshaus-Experte Herman Lindqvist und spottete: „Klingt wie eine Nachtklubkönigin.“ Dabei hätte doch gerade der Historiker wissen müssen, welche geschichtliche Bedeutung der Name im schwedischen Königshaus hat.
Estelle erinnert nämlich nicht nur an die französischen Wurzeln der Königsfamilie, sondern ist auch eine Hommage an Estelle Bernadotte (1904-1984). Die gebürtige US-Amerikanerin war der Inbegriff einer starken und mutigen Frau.
Wer war Estelle Bernadotte?
1928 heiratete Estelle den Grafen Folke Bernadotte, einen Neffen des schwedischen Königs Gustav V. Es war die ganz große Liebe. Ihr Glück wurde jedoch immer wieder auf eine harte Probe gestellt. Denn zwei ihrer vier Söhne verstarben noch im Kindesalter. Ihr ältester Sohn Gustaf (1930-1936) starb mit gerade einmal sechs Jahren nach einer missglückten Operation. Ihr drittältester Sohn Frederik Oscar (1934-1934) überlebte nur einen Tag.
Doch Estelle Bernadotte gab trotz der Schicksalsschläge nicht auf. Sie unterstützte ihren Mann Folke bei seiner Wohltätigkeitsarbeit und seiner Friedensmission. Als Vizepräsident des Schwedischen Roten Kreuzes verhandelte der Offizier erfolgreich mit Heinrich Himmler über die Freilassung von KZ-Häftlingen. Mindestens 15.000 Gefangene wurden so durch die Mission „Weiße Busse“ gerettet.
1948 wurde der Diplomat im Palästinakrieg als Vermittler der UNO eingesetzt. Er wollte 300.000 palästinensischen Flüchtlingen die Rückkehr nach Israel ermöglichen. Ein gefährliches Unterfangen, denn die Lage war brenzlig. Seinen Mut musste der Folke Bernadotte schließlich mit dem Tod bezahlen: Am 17. September 1948 wurde er von der jüdischen Terroristen-Gruppe Lechi in Jerusalem erschossen.
Sie setzte das Lebenswerk ihres Mannes fort
Estelle Bernadotte war am Boden zerstört. Doch sie entschied sich, das Werk ihres Mannes fortzusetzen. Nach seinem Tod unterstütze sie seinen Nachfolger und setzte sich weiter für den Frieden ein. Sie saß sogar im Kriegsgefangenenausschuss der Vereinten Nationen. Außerdem engagierte sich die gebürtige Amerikanerin für das Internationale Rote Kreuz sowie UNICEF.
Um ihrem verstorbenen Mann ein Denkmal zu setzen, gründete Estelle die „Folke Bernadotte Foundation“ für gelähmte Kinder, welche sie später für weitere Behinderungen im Kindesalter ausweitete. Später leitete Estelle Bernadotte noch ein Pflegeheim für Seniorinnen in Stockholm.
Nach 25 Jahren als Witwe heiratete sie am 3. März 1973 Carl-Eric Ekstrand, den früheren Sekretär ihres Mannes. Die letzten Jahre ihres Lebens verbrachte sie an der französischen Riviera. Für eine Hüftoperation reiste Estelle Bernadotte jedoch ins schwedische Uppsala. Es sollte ihre letzte Reise sein. Im Hospital infizierte sie sich mit einem Krankenhauskeim, der schließlich zu einer tödlichen Blutvergiftung führte. Estelle Bernadotte starb am 28. Mai 1984 im Alter von 79 Jahren.
Wer die Lebensgeschichte von Estelle Bernadotte kennt, wundert sich nicht, warum Kronprinzessin Victoria und Prinz Daniel ihre Tochter nach ihr benannt haben. Sicherlich haben sie die Hoffnung, dass auch ihre Estelle einmal eine genauso starke und mutige Frau wird.