Juan Carlos von Spanien geht ins Exil. ADELSWELT blickt noch einmal auf seine größten Triumphe und schlimmsten Skandale zurück.
Ex-König geht ins Exil
Erdbeben im spanischen Königshaus: Am Montag (3. August) hat Juan Carlos angekündigt, Spanien zu verlassen. „Mein Vermächtnis und meine eigene Würde als Person verlangen dies von mir“, erklärte der ehemalige König in einem offenen Brief an seinen Sohn Felipe.
Mit seiner Entscheidung wolle er dazu beitragen, die Arbeit seines Sohnes als Staatschef zu erleichtern, „angesichts der öffentlichen Auswirkungen, die gewisse vergangene Ereignisse derzeit verursachen“, erklärte der 82-Jährige.
Juan Carlos war der Vater der Demokratie
Doch wie konnte es nur so weit kommen? Sein Amtsantritt im Jahr 1975 war vielversprechend. Noch vor seinem Tod hatte Diktator Francisco Franco den jungen Juan Carlos als Nachfolger bestimmt. Anders als erwartet, entschied sich der neue König, der jahrelang als „die Marionette des Generals” galt, für die Demokratie. Seine treue Verbundenheit zum Diktator war nur gespielt. „Ich habe gelernt, zu beobachten und zu schweigen”, erklärte der Monarch später. „Ich erbte damals von Franco die gesamte Macht. Aber ich verzichtete darauf, weil es keinen anderen Weg gab als den der Demokratie.”
Bis heute zählt Spaniens Wandel zur Demokratie als das größte Vermächtnis von Juan Carlos. Ebenfalls wird ihm hoch angerechnet, dass es ihm gelang diese 1981 in einem Putschversuch des Militärs zu verteidigen.
Großwildjagd und heimliche Affären
Doch seine politischen Erfolge werden heute von allerhand Skandalen überschattet. Ausgerechnet er, der WWF-Ehrenvorsitzende, wurde 2012 dabei erwischt, wie er einen Jagdausflug nach Botswana machte. Herausgekommen war die heikle Angelegenheit nur, weil sich der damals 74-Jährige während seines Aufenthalts die Hüfte gebrochen hatte.
Auch die Ehe von Juan Carlos und Sofia wurde mit den Jahren immer mehr zum Klatschthema. Der spanische König soll auch anderen Frauen schöne Augen gemacht haben… Von über 1000 Geliebten ist die Rede. Ein Skandal im katholischen Spanien. Offiziell gibt der Monarch aber keine Affären zu.
1996 räumen Juan Carlos und Sofia ein, dass sie einander zwar lieben würden, doch nie unsterblich ineinander verliebt waren. Die Königin wird später zitiert, dass sie sich an der Seite ihres Mannes eher wie eine Art „Reisebegleitung” fühle. Zu einer Scheidung kommt es allerdings nicht. Sofia blieb ihrem Mann, und damit auch der Krone, loyal. Viele Spanier rechneten ihr das hoch an.
Iñaki Urdangarín muss ins Gefängnis
Das Fass zum Überlaufen brachte dann der Finanzskandal um Infanta Cristina und ihren Mann Iñaki Urdangarín. Die Glaubwürdigkeit des spanischen Königshauses sank stetig. Immer mehr Spanier sprachen sich gegen die Monarchie aus. Juan Carlos blieb keine Wahl: Am 19. Juni 2014 dankte er zugunsten seines Sohnes Felipe ab.
Die Amtszeit des neuen Königs wurde schnell von schlimmen Skandalen überschattet. Im Juni 2018 musste Iñaki Urdangarín ins Gefängnis. Der Ehemann von Prinzessin Cristina wurde vom Obersten Gericht in Madrid zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt. Dem Schwager von König Felipe wurde Veruntreuung von Spendengeldern, Urkundenfälschung, Geldwäsche und Betrug vorgeworfen.
Was weiß Corinna zu Sayn-Wittgenstein?
Doch nicht nur Iñaki Urdangarín soll sich illegal bereichert haben. Im Sommer 2018 werden das erste Mal Vorwürfe gegen Juan Carlos laut. „The Telegraph“ berichtete über Tonbandaufnahmen aus dem Jahr 2015. Corinna zu Sayn-Wittgenstein soll gegenüber Polizist José Manuel Villarejo über die dubiosen Geschäfte von Juan Carlos auspackt haben.
Die deutsche Adlige behauptete angeblich, dass die Anwälte von Juan Carlos mehrere Anwesen auf ihren Namen gekauft hätten, um Geld am Fiskus vorbeizuschleusen. Der Spanier hatte die Immobilien angeblich nicht gekauft, „weil er mich sehr liebt, sondern weil ich in Monaco lebe.“ Das Fürstentum gilt schließlich als Steuerparadies. Zudem ging aus den Tonbandaufnahmen hervor, dass Juan Carlos geheime Bankkonten in der Schweiz führen soll.
Kassierte Juan Carlos 100 Millionen Euro Schmiergeld?
Doch es kommt noch schlimmer: Juan Carlos soll Schmiergeld in Millionenhöhe kassiert haben. Der saudische König Abdullah bin Abdul Aziz Al Saud hatte dem Spanier im Jahr 2008 angeblich 100 Millionen Euro überwiesen. Möglicherweise handelte es sich dabei um eine „Provision“, die Juan Carlos erhalten hatte, nachdem spanische Firmen mit dem Bau einer Schnellbahnstrecke von Medina nach Mekka beauftragt worden waren.
Hat sich der König wirklich die Taschen vollgestopft, während in Spanien eine schlimme Finanzkrise herrschte?
König Felipe schützt die Krone
König Felipe musste Konsequenzen ziehen. Der Monarch entschied sich, Juan Carlos seine Apanage von rund 194.000 Euro jährlich zu streichen. Außerdem verzichtet der 52-Jährige auf sein Erbe. Seine Entscheidung begründete Felipe auch mit dem Versprechen, das er dem spanischen Volk bei seiner Inthronisierung gegeben hatte: „Die Krone muss (…) die Würde der Institution gewährleisten, ihr Ansehen bewahren und ehrliches, ehrliches Verhalten beobachten und transparent, wie es ihrer institutionellen Rolle und sozialen Verantwortung entspricht (…)“
Muss der ehemalige Regent ins Gefängnis?
Möglicherweise hagelt es noch weitere Konsequenzen für Juan Carlos. Das Oberste Gericht in Madrid hatte am 8. Juni 2020 Ermittlungen gegen den Spanier eingeleitet. Seine strafrechtliche Immunität hat der ehemalige Regent mit der Abdankung verloren. Sein Abschied bedeutet also nicht, dass sich der 82-Jährige juristischen Konsequenzen entziehen kann. Das spanische Volk lechzt nach Gerechtigkeit.
Juan Carlos hatte Spanien einst die Freiheit geschenkt. Doch nun ist es ausgerechnet sein Land, das ihn in Ketten sehen will. Was für eine Ironie des Schicksals.