Wer „Finding Freedom“ liest, erwartet Antworten. Sind Prinz Harry und Prinz William zerstritten? Wie ist das Verhältnis von Herzogin Kate und Herzogin Meghan wirklich? Neugierige werden diesbezüglich nicht enttäuscht. Das Buch gewährt private Einblicke und befriedigt jede Sensationsgier.
Doch gleichzeitig wirft „Finding Freedom“ auch neue Fragen auf. Und diese sind mindestens genauso wichtig. ADELSWELT-Autorin Anika Helm sucht nach Antworten.
Woher stammen die Quellen von „Finding Freedom“?
„Der Herzog und die Herzogin von Sussex wurden nicht interviewt und trugen nicht zu ,Finding Freedom’ bei. Dieses Buch basiert auf den eigenen Erfahrungen der Autoren als Mitglieder des Royal Press Corps und ihrer eigenen unabhängigen Berichterstattung“, erklärte ein Sprecher von Prinz Harry und Herzogin Meghan.
Aber woher stammen die Quellen für die Biografie? „Die auf diesen Seiten beschriebenen Ereignisse stützen sich auf Hunderte von Stunden an Gesprächen und Interviews mit mehr als hundert Quellen sowie auf die Zeiten, in denen wir den Herzog und die Herzogin von Sussex bei all ihren formellen und informellen königlichen Engagements begleiten, beobachten und mit ihnen interagieren“, heißt es in „Finding Freedom“ (Seite 349.) In den meisten Fällen werden diese Quellen jedoch nicht genannt.
„Einige der Szenen in diesem Buch wurden persönlich beobachtet, während wir uns bei anderen auf die Konsistenz der Berichte verlassen haben, die aus Quellen stammen, auf die wir Zugriff haben und denen wir vertrauen“, heißt es weiter (Seite 350). Laut den Autoren wurden alle Informationen in dem Buch von zwei Quellen bestätigt. „In der Regel darf kein Mitglied der britischen Königsfamilie offiziell eine Biografie autorisieren“, schreibt Omid Scobie (Seite 3) „Carolyn und ich hatten jedoch umfassenden Zugang zu denen, die dem Paar am nächsten sind: Freunden, vertrauenswürdigen Adjutanten, hochrangigen Höflingen und vielen Personen im inneren Kreis der Sussexes.“
Meine Meinung: „Es wundert mich doch sehr, dass mehr als 100 Quellen aus dem persönlichen Umfeld von Harry und Meghan zu dem Buch beigetragen haben sollen. Schließlich wissen ihre Vertrauten doch genau, wie wichtig ihnen ihre Privatsphäre ist. Allerdings strotzt das Werk vor Details, die nur Eingeweihte wissen können. Haben Harry und Meghan ihren Vertrauten also erlaubt, private Informationen preiszugeben oder müssen sie sich jetzt einen neuen Freundeskreis suchen?“
Welche Rolle spielen die Autoren?
Omid Scobie („Harper’s Bazaar“) und Carolyn Durand („O, The Oprah Magazine“) haben in ihrer Heimat einen tadellosen Ruf. Sie gehören nicht zu den typischen Klatschreportern, die sogar ihre eigene Mutter verkaufen würden, um eine gute Story zu bekommen. „Carolyn und ich haben die Arbeit der königlichen Familie schon lange verfolgt, lange bevor Meghan der sogenannten Firma beigetreten ist. Seit Jahren reisen wir mit William, Kate und Harry um die Welt“, erzählt Omid Scobie (Seite 2.) Prinz Harry soll dem Journalisten sogar während eines privaten Gesprächs verraten haben, wie sehr er sich wünsche „nur ein normaler Typ“ zu sein. (Seite 3.)
Laut eigenen Angaben lernte Omid Scobie Meghan schon 2015, also bevor sie ihren zukünftigen Ehemann traf, auf einer Fashion Week in Toronto kennen (Seite 4). Er verteidigte „Meg“ immer wieder öffentlich, wenn die Klatschpresse Gerüchte verbreitete.
Meine Meinung: „Man bekommt den Eindruck, dass ein Vertrauensverhältnis besteht. Warum sollten Scobie und Durand also diese gute Beziehung und ihren Ruf aufs Spiel setzen, um dieses Enthüllungswerk zu schreiben? Gegen den Willen der Sussexes? Um damit auch zu riskieren, nie wieder ein Interview mit den Royals zu bekommen? Für mich ergibt das wenig Sinn.
Andererseits fallen die Autoren der Herzogin auch in den Rücken, indem sie behaupten, dass Meghan am Anfang ihrer Karriere mit den Paparazzi zusammengearbeitet habe (Seite 82). Diese Tatsache könnte die Klatschpresse vor Gericht gegen die frühere Schauspielerin verwenden.
Welchen Beitrag leisteten Prinz Harry und Herzogin Meghan?
Mehrmals wird in „Finding Freedom“ erwähnt, wie unglücklich Meghan und Harry darüber waren, sich nicht öffentlich gegen Gerüchte wehren zu können (Seite 244). Doch die Palastpolitik gestattete ihnen nicht, Lügen zu widersprechen. Außerdem wird an mehreren Stellen behauptet, dass der Presse absichtlich private Informationen zugespielt wurden (Seite 247, Seite 301,). Offenbar, um das Image von einigen Royals aufzupolieren.
Meine Meinung: „Es wäre nur verständlich, wenn Herzogin Meghan und Prinz Harry nach all den Jahren endlich mit den Gerüchten aufräumen wollten. Es muss zermürbend sein, die Wahrheit zu kennen, sie aber nie äußern zu dürfen. Ich könnte daher verstehen, dass sie endlich ihre Seite der Geschichte erzählen wollten, auch wenn ich den daraus resultierenden Schaden für die britische Königsfamilie bedauerlich finde. Doch wie eingangs erwähnt, bestreiten die Sussexes, an ,Finding Freedom’ mitgewirkt zu haben.
Wenn sie jedoch nicht an dem Buch beteiligt waren: Warum sind Harry und Meghan noch nicht dagegen vorgegangen? Schließlich pochen sie auf ihre Privatsphäre und haben britische Boulevardmedien wegen falscher Darstellungen verklagt.
Zum anderen haben die Sussexes den Autoren offenbar gestattet, private Fotos für das Buch zu verwenden. Bei vier Bildern wird als Fotoquelle der Instagram-Account von Meghan Markle oder Sussex Royal angegeben. Davor steht das Wort „Courtesy“, was sich mit „freundlicher Genehmigung von“ übersetzen lässt. Warum sollten sie Scobie und Durand erlauben, private Fotos zu nutzen, wenn sie das Buch nicht befürwortet hätten? Es sind unbequeme Fragen, deren Antworten ,Finding Freedom’ bis zum Schluss schuldig bleibt.“