Still und leise wurde ein Mitglied der schwedischen Königsfamilie diese Woche 100 Jahre alt: Marianne Bernadotte. Doch wer ist die angeheiratete Tante von König Carl Gustaf überhaupt? ADELSWELT blickt auf ihr bewegtes Leben zurück.
Marianne Bernadotte träumte von einer Karriere als Schauspielerin
Geboren wurde sie als Gullan Marianne Lindberg am 15. Juli 1924 im schwedischen Helsingborg. Als sie neun Jahre alt war, ließen sich ihre Eltern scheiden und Vater Helge verließ die Familie. Seine Abwesenheit löste eine lebenslange Sehnsucht bei Marianne aus. Ihre Mutter Thyra schlug sich als Kellnerin und Kassiererin durch, um mit Marianne und ihrem jüngeren Bruder Rune über die Runden zu kommen. „Meine Mutter war tapfer, vielleicht die tapferste Person, die ich jemals getroffen habe“, sagte die Gräfin später einmal. „Sie war gewissenhaft, fair und fleißig.“
Nach der Schule arbeitete die Schwedin als Zahnarthelferin, träumte insgeheim jedoch von einer Karriere als Schauspielerin. Und so spielte Marianne kleine Rollen am Theater und machte schließlich eine Ausbildung am Kungliga Dramaten in Stockholm. Insgesamt blieb sie elf Jahre an dem Theater. In ihrer Karriere arbeitete sie sogar mit Ingmar Bergman zusammen.
Sie verloren ihren Sohn nach einer Impfung
Mitte der 1940er Jahre lernte Marianne ihren ersten Ehemann kennen, den Regisseur Gabriel ,Toto’ Tchang. Sein Vater war der chinesische Diplomat Tchang Tsou Seng. 1948 heiratete das Paar und fortan trug sie den Namen Marianne Tchang-Lindberg. Gemeinsam bekamen sie drei Kinder: Robert Gabriel „Bobbe“ (*1948–†2012), Richard Antoine (*1950-†1952) und Marie Gabrielle, genannt „Marielle“ (*1953).
1952 traf Marianne und Toto ein schlimmer Schicksalsschlag: Ihr geliebter Sohn Richard Antoine starb mit noch nicht einmal zwei Jahren an den Folgen einer Keuchhustenimpfung. Nach dem Tod ihres Kindes stürzte sich die Schwedin in die Arbeit und stand sieben Tage die Woche auf der Bühne. 1960 folgte die Scheidung des Paares.
Der schwedische Königssohn verließ seine Frau für Marianne
Nur ein Jahr später, am 30. Juni 1961, fand ihre Hochzeit mit Sigvard Bernadotte, Graf Wilsborg (*1907-†2002) statt. Für sie verließ der Sohn von Gustav VI. Adolf seine zweite Ehefrau Sonja. Weil sein Großvater, König Gustav V., seiner ersten Ehe mit einer bürgerlichen Deutschen nicht zugestimmt hatte, verlor Sigvard Bernadotte bereits 1934 seine königlichen Titel und seinen Platz in der schwedischen Thronfolge. 1951 ernannte ihn Großherzogin Charlotte von Luxemburg, die Großcousine seines Vaters, zum Grafen von Wisborg. Daher durfte sich seine Frau nach der Hochzeit auch Gräfin Marianne Bernadotte von Wisborg nennen.
Nach der Hochzeit entschied sich Marianne, ihre Karriere aufzugeben, denn in königlichen Kreisen waren Schauspielerinnen nicht gerne gesehen. Das stimmte auch mit den Wünschen ihres Ehemannes überein. „Sigvard wollte eine Frau, mit der er abends zu Abend essen konnte, das machte er von Anfang an klar und dann konnte ich nicht auf der Bühne stehen. Ich musste mich entscheiden“, sagte sie einmal dem Magazin „Svensk Damtidnig“. „Aber es war viel Liebe nötig, um die Lücke zu füllen, die das Theater hinterlassen hat.“
Stattdessen arbeitete die Schwedin mehrere Jahre als Abteilungsleiterin im Kaufhaus NK. Zudem engagierte sich Marianne Bernadotte sozial. Da sie selbst unter Legasthenie leidet, machte sie öffentlich auf das Thema aufmerksam. Ebenfalls setzte sie sich für Kinder mit Augenproblemen und Behinderungen ein. Für ihr Engagement in der Forschung im Bereich Legasthenie und Kinderaugenheilkunde erhielt sie 1998 die Ehrendoktorwürde der Medizin vom Karolinska-Institut.
Die Gräfin verlor ihre große Liebe und ihren Sohn
2002 starb Sigvard Bernadotte Graf von Wisborg im Alter von 94 Jahren. 2012 verlor die Gräfin auch noch ihr ältesten Sohn, Robert Gabriel Tchang, der nur 63 Jahre alt wurde.
In den vergangenen Jahrzehnten besuchte die Gräfin mehrere Events der schwedischen Königsfamilie. Sie war bei der Hochzeit von Prinz Carl Philip und Prinzessin Sofia dabei sowie auf mehreren Taufen von König Carl Gustafs Enkelkindern.
2017 eröffnete Kronprinzessin Victoria eine Ausstellung über die Kleidung von Marianne Bernadotte, bei der die Gräfin selbst auch anwesend war. Ihr letzter öffentlicher Auftritt war 2019 an der Seite von Prinz Carl Philip und Prinzessin Sofia. Das Trio besuchte eine Kunstauktion.
Wie Marianne Bernadotte ihren 100. Geburtstag feierte, kommentiere das schwedische Königshaus nicht. Aber sicherlich wird die Jubilarin den Tag im Kreise ihrer Familie verbracht haben. Die Gräfin hat neben ihrer Tochter noch vier Enkelkinder und vier Urenkel.