Queen Elizabeth ist das Staatsoberhaupt Großbritanniens. Doch wie viel politische Macht hat die Königin in ihrer Heimat?
Queen Elizabeth hat offiziell keine politische Macht, aber …
Wie viel Einfluss hat Queen Elizabeth auf die Politik? Das ist eine Frage, die mir oft von Schülern gestellt wird, die ein Referat über die britische Königsfamilie vorbereiten. Auf den ersten Blick klingt die Antwort einfach. Offiziell hat Queen Elizabeth nämlich keinerlei Macht. Die Königin ist in politischen Fragen sogar zur Neutralität verpflichtet. Die Macht hat das demokratisch gewählte Parlament. Die Hauptaufgabe der Monarchin ist das Repräsentieren. Die Königin empfängt Staatsgäste und hohe Beamte, eröffnet Schulen und Krankenhäuser. Ohne Einfluss ist das Staatsoberhaupt der Briten dennoch nicht.
Die Königin fungiert bei Audienzen wie eine Psychologin
14 Premierminister und zwei Premierministerinnen hat Queen Elizabeth während ihrer Regierungszeit kennengelernt. Der Kontakt ist stets eng. Jeden Herbst lädt die Königsfamilie den jeweiligen Premierminister und seine Frau nach Schloss Balmoral ein. Jede Woche gewährt Queen Elizabeth dem Premier zudem eine Audienz. Dieses Gespräch findet stets unter vier Augen statt. Was besprochen wird, bleibt privat – insofern sich keiner der Politiker als Plaudertasche erweist. Die Monarchin darf ihre Minister und den Premierminister „bei Bedarf beraten und warnen“, wie es auf der offiziellen Webseite der Königsfamilie heißt.
„Die Gesprächsführung der Königin ähnelt offenkundig der einer Psychologin: Sie hält sich mit ihrer eigenen Meinung zurück, stellt aber Fragen, die den Blick ihrer Gesprächspartner auf ein Thema verändern können“, schreibt Inger Merete Hobbelstad in dem Buch „Die Queen“. „Differenzen mit dem Premierminister lassen sich erahnen, wenn sie fragt: ,Sind Sie sicher, dass das klug ist?’“
Queen Elizabeth lenkt den Premier also durchaus in die von ihr favorisierte Richtung. Ob der Politik ihre Andeutungen ernst nimmt, bleibt ihm überlassen. Sie selbst sagte einmal über die Audienzen mit den Premiers: „Sie schütten ihr Herz aus, erzählen einem, was vor sich geht – manchmal kann man helfen, man ist eine Art Schwamm.“
Premierminister Harold Wilson (*1916-†1995) wies einmal auf einen großen Vorteil der vertraulichen Audienzen hin. Er wüsste immer, dass die Queen nicht auf seinem Job aus sei. Bei Gesprächen in seinem eigenen Lager konnte er sich da nicht so sicher sein.
Und Winston Churchill, der nach anfänglicher Abneigung einen Narren an der jungen Königin gefressen haben soll, nahm sich jede Kritik zu Herzen. Als die Queen einmal einen Film über George III. und George IV. sah, und sich über die schlechte Darstellung beschwerte, rief er einen Ausschuss zur Überprüfung von Filmen über die Königsfamilie ins Leben.
Sie kann Minister ernennen, Verbrecher begnadigen & Krieg erklären
Die meisten Regierungsbeamten werden durch eine Abstimmung gewählt. Queen Elizabeth selbst kann jedoch Minister, Berater und Kabinettsbeamte für die Krone ernennen. Dasselbe Recht hat auch der Premierminister.
Zudem hat die Monarchin die Möglichkeit, Verbrechern eine „königliche Begnadigung“ zu gewähren. Von diesem Recht macht die Queen aber fast nie Gebrauch. 2013 begnadigte sie jedoch Alan Turing 60 Jahre nach seinem Tod. Während des Zweiten Weltkriegs hatte der Brite deutsche Codes geknackt. Wegen seiner Homosexualität wurde er jedoch verurteilt und einer Hormonbehandlung unterzogen. Die Monarchin hob das Urteil posthum auf.
Die Adlige ist zudem die einzige Person im britischen Königreich, welche anderen Ländern den Krieg erklären darf. Das Parlament, der Premierminister und der Rest der Regierung müssen jedoch ihre Zustimmung geben. Eine absolute Macht hat die Königin also nicht. In ihrer Amtszeit hat sie von dieser Möglichkeit auch noch nie Gebrauch genommen.
Hat Queen Elizabeth Einfluss auf Gesetze?
Die Königin wird stets über alle Regierungsbelange informiert. An 363 Tagen im Jahr – ausgenommen sind Ostersonntag und der erste Weihnachtsfeiertag – erhält sie die sogenannte Dispatch Box. In der scharlachroten Kiste findet die Monarchin die aktuellen Dokumente der Regierungsabteilungen. Die Britin studiert jede Seite aufmerksam. Ihr entgeht kein Fehler, keine Ungereimtheit. Nach dem Lesen schickt die Queen die Dokumente unterschrieben zurück. Neue Gesetze brauchen ihre Unterschrift. Doch das ist nur ein formaler Akt. Seit 1708 hat kein Monarch seine Signatur verweigert.
Da sie vorab von Gesetzesentwürfen weiß, könnte sie das zu ihrem Vorteil nutzen. Dies soll sie laut Recherchen von „The Guardian“ auch schon getan haben. Eigentlich wollte die Regierung 1973 ein neues Gesetz schaffen, das Unternehmen dazu verpflichtet, ihre Anteilseigner preiszugeben. Der Anwalt von Queen Elizabeth intervenierte jedoch. Angeblich sei es der Königin „peinlich“ gewesen, wenn der Umfang ihres Vermögens bekannt werden würde. Nach ihrer Einmischung waren Staatsoberhäupter von dem Gesetz befreit. Der Palast widersprach den Vorwürfen jedoch.
Sie eröffnet das Parlament
Jedes Jahr eröffnet Queen Elizabeth in einer aufwendigen Prozession das Parlament. In der Regel trägt sie dabei ihre berühmte Krone, die Imperial State Crown. Doch das ist nur ein symbolischer Akt. Die Thronrede stammt nicht aus ihrer Feder. Sie trägt nur vor, welches Programm die Regierung für das kommende Jahr plant. Aber das weiß sie ja ohnehin schon Monate vorher.
Quellen: The Guardian, royal.uk, „Die Queen“ von Inger Merete Hobbelstad, The Week.co.uk, Businessinsider.com, Reader’s Digest.